Illyria Raid 2016

Ich saß am Montag frohgelaunt auf der Couch und freute mich auf den morgigen Tag, denn dann würde uns der Flieger nach Korfu bringen, zum Illyria Raid an dem Thomas und ich teilnehmen wollten. Dann klingelte das Handy. Martin Fontyn  (der Mit-Organisator) las ich vom Display und dachte hm, was will der denn? „Dirk, ich habe eine schlechte Nachricht für Dich“ sagte Martin. „Dein Motorrad wurde in Frankreich vom Transporter gestohlen, zusammen mit 5 weiteren!“ Er bot mir an ein kostenloses Ersatzmotorrad an, ich nahm das Angebot an, trotzdem war die Stimmung natürlich auf weit unter den Nullpunkt gesunken. 10 Minuten vorher hatte ich mich auch noch zur Transardennaise, einer 2 tägigen Endurotour angemeldet und bezahlt. Ich rief Thomas meinen Fahrbuddy an, berichtete von dem Diebstahl..

Nach der Landung auf Korfu gingen Thomas und ich zum Fährhafen, setzen gleich nach Igoumenitsa über und bezogen das Start- Hotel. Als wir nach einem Spaziergang zurück zum Hotel kamen, sahen wir schon vom Hotel wie im gegenüberliegenden Hafen in einem abgesperrten Bereich des Hafens, die Veranstalter den „Fuhrpark“ aufbauten. Ich sprach dort mit Martin und bekam eine Beta 400RR als Leihmotorrad. Ein paar kleine Mängel an dem Motorrad wurden behoben und neue Reifen und neues Mousse montiert. Thomas hatte sich für ein neues Navi entschieden, hatte aber zum Glück noch sein altes Oregon-Navi samt Halterung mit, so dass ich dies an „meine“ Beta bauen konnte.


Tag 1:                Igoumenitsa – Vlora  ~ 310  km

Über Asphalt und leichte Schotterstraßen ging es zur 40 km entfernten albanisch-griechischen Grenze. Als 2. kam ich dort an und es gab direkt Probleme, schon  auf griechischer  Seite, man wollte mich mit dem in Italien auf einen anderen Namen zugelassenen  Motorrad nicht ausreisen lassen. Vom Veranstalter und Verleiher der Beta hatte ich extra ein englischsprachiges Schreiben mitbekommen, welches besagte, dass ich damit am Raid teilnehmen durfte und die übliche Ländersperren  aufgehoben seien. Nach Vorlage, Prüfung des Schreibens, herbeiholen eines weiteren Grenzers und einigem Verhandeln durfte ich dann doch Griechenland verlassen.

An der albanischen Grenze kam dann direkt jemand auf mich zu und sagte mir, dass ich nicht einreisen dürfte, keine Freigabe auf der Grünen Versicherungskarte. „Zufällig“ war dann auch jemand von einer Versicherung zugegen und für 15 € kam ich in den Besitz einer Zusatzversicherung, die mir die Einreise ermöglichte. Inzwischen war eine gute Stunde vergangen und auch 50-60 andere Teilnehmer an mir vorbei, mit dickem Hals ging  es dann endlich weiter. 295 km Tagesstrecke und dann diese blöde Grenzquerung, ich dachte wir fahren besser weitgehend bis zum Lunch durch. Es regnete zwar nicht , aber die Wege waren des Öfteren feucht und wurden  etwas grober. Nach etwa 200 km war Lunchtime, anschließend erwartete uns ein kleines abenteuerliches Highlight. Die Strecke führte durch ein anfangs breites, steiniges, trockenes Flussbett welches sich immer weiter verengte,  schließlich Wasser führte und dieses mehrmals die Strecke querte. 30 km vor dem Ziel, glücklicherweise nur noch Asphalt ohne extreme Steigungen und Gefälle, riss  dann noch der Gaszug an meiner Beta und ich erreichte das Ziel mit hochgedrehtem Standgas, was im Stadtverkehr zeitweise zu recht abenteuerlichen Verkehrsszenen führte. In Vlora übernachteten wir dann im Hotel Bologna. Abends gab es dann ein Menü und das tägliche Briefing für den nächsten Tag.


Tag 2:                Vlora – Tirana    ~ 330 km

Nach dem Frühstück, gegen 09:00 brachen wir auf. Erst ein bisschen Asphalt und schon begannen die Schotterstraßen. Später setzte dann noch Regen ein und irgendwann kamen wir auf eine kurvige Passstraße mit superglattem Asphalt und zusätzlichem Bitumenflickwerk darauf. Mit der Crossbereifung und einer leicht beschlagenen Brille war  das dann doch ein „leicht unangenehmes Gefühl“ !  Wir kamen in ein Bergbaugebiet und suchten erst einmal nach dem Weg. Dieser führte dann tatsächlich durch das unheimliche, dunkle Loch in den Berg. Der Tunnel fraß das Licht wie ein schwarzes Loch, wir fuhren mit Fernlicht und sahen lediglich das in 5 Meter Entfernung vor uns keine Wand war.  Also folgten wir dem dunklen Nichts im ganz leicht erhöhten Schritttempo durch Kurven bis dann nach geschätzten 1,5 km das „Helle“, der Ausgang zu sehen war. Die Wege wurden nasser und nasser.. Erst jetzt bemerkten wir, dass wir die letzte Tankstelle übersehen hatten und da es nun die nächsten 80 km nur noch durchs Gemüse ging mussten wir drehen und tanken. Also ungefähr 10 km zurück inkl. Tunneldurchfahrt, tanken und wieder zurück. Es regnete nun stärker, ging bis auf ca.1600 Meter rauf  und es wurde deutlich kälter. Bald fuhr man nur noch von Pfütze zu Pfütze, teilweise war dann aber auch zur Abwechslung mal das eine oder andere Schlammloch dabei. Das heutige Hotel Te Stela, war ein wirklich schönes Hotel das einer Brauerei zugehörte und dem- entsprechende Bierpreise hat te– ½ Liter umgerechnet 90 Cent.


 

Tag 3                Tirana – Razem  ~  400 km

Zuerst mussten wir uns einige Kilometer durch Tirana Stadt quälen und dann führte es uns über grobschottrige  Wege durch die Berge. Geregnet hat es zwar nicht, aber alle Straßen und Wege waren nass. 385 km hieß es gestern beim Briefing, d.h. nur zum Tanken und Lunch anhalten, ansonsten durchfahren - wenn wir alles fahren und nicht am letzten Exitpunkt rausgenommen werden wollen. Nach etwa 220 km an einem Denkmal beginnt dann der Abzweig in Richtung Tehti. Erst ein kleines Stück Piste, dann mussten wir ein Stück durchs Flussbett und danach kam die Straße in Richtung Theti. Es ist sehr viel asphaltiert worden, seit ich 2009 das erste Mal in Albanien war und hier entlang fuhr, aber es ist auch noch genug Schotter übrig um den Offroadwanderer zu erfreuen. Dass es sich über den Weg am leichtesten fortbewegen lässt, weiß auch das Wasser und so fuhren wir ständig durch Rinnsale und durch Pfützen. Es war zwar kühl, aber die Anstrengung ließ uns nicht frieren. Am Abzweig nach Razem überlegten wir, das wir noch tanken müssten und das Navi schlug uns 2 km weiter - in die falsche Richtung-  eine Tankstelle vor. Als wir den Punkt erreichten war dort eine ehemalige Tanke. Einheimische meinten dann  2 km weiter sei eine, aber aus den 2 wurden dann 4 und so kamen wir an dem Tag auf etwas über 400 km und nur knapp vor der Dämmerung zum Ziel.


Tag 4                Razem – Pristina  ~  400 km

Auf die Direktverbindung von SH 21 und SH 20 war ich schon gespannt. Es war zum Teil schon recht stufig und mit einer großen Reiseenduro würde ich da nicht unbedingt herfahren wollen. Am Grenzübergang Vermosh-Plav war dann Hauen und Stechen angesagt. Trotz Anmeldung einer größeren Gruppe sind nur 2 Grenzer tätig, von denen muss einer immer rauchen und einer arbeitet (manchmal). Es entwickelten sich Szenen wie man sie nur aus Filmen kennt. Aus der Menschenschlange drückte jeder der irgendwie an das 40x40cm große Fenster kam seine Papiere , um nicht noch länger dort anstehen zu müssen. Ich war im Mittelfeld und habe ungefähr 1 Stunde gebraucht. Nach dem Grenzübergang führte uns die Strecke Richtung Cakor-Pass und bog aber weit vorher in einer Spitzkehre links auf einen Waldweg ein. 95% aller Teilnehmer (ich inkl.) fuhren da erst einmal vorbei. Nach dem der richtige Weg dann eingeschlagen war, brachte uns der Weg in Gebiete wo tatsächlich noch Schneereste lagen. Die Waldwegstrecke war recht lang und und kurz vor dem Lunch gab es dann auch für wirklich jeden nochmal nasse Füße auf Grund von etlichen Wasserdurchfahrten. Im Niemandsland zwischen Montenegro und dem Kosovo gaben dann die Radlager des Hinterrads an Thomas‘ Motorrad auf und er musste dem „Lumpensammler“ anfordern. Der Grenzübergang hier war nach dem obligatorischen, unproblematischen Versicherungskauf für den Kosovo schnell erledigt. Die Fahrt durch den Kosovo war ziemlich langweilig und fast nur asphaltierte Straße. Unterkunft nach ~ 400 km Tagesetappe war das Emerald-Hotel in Prishtina. Thomas kam mit dem Lumpensammler erst spät, gerade noch rechtzeitig um vom Essen noch was abzubekommen.


Tag 5                Pristina – Pogradec  ~440 km

Der Regen der letzten Tage sei in den Bergen als Schnee herunter gekommen, so dass die geplante Route durch die Berge Mazedoniens nicht gefahren werden kann, war die Aussage des Veranstalters. Die 235 km Asphaltumfahrung des Gebiets war dann auch sehr eintönig, wir verließen den Kosovo und durchquerten Mazedonien bevor uns das Offroadfahren in Albanien wieder forderte. Hier gab es dann 2 Offroadstrecken zur Auswahl – hard und light. Wir endschieden uns für die Erstere. Recht nahe des Einstiegs kam mir die Strecke leicht und vor allem bekannt vor und zuhause gab es dann den Fotovergleich – ja, hier war ich 2009 schon mal mit Nane hergefahren und wir hatten gedreht, weil es mit den bepackten Urlaubsmotorrädern später zu schwierig wurde. Jetzt, mit den kleinen Mopeds, konnten Thomas und ich nun weiter erkunden wo es denn da lang geht. Und es wäre damals zu hart geworden, zumindest unter den jetzigen Wetterbedingungen. Es wurde schlammig und sumpfig, tiefe und steinige Fahrrinnen  und später war der Weg noch abgerutscht und verschüttet, so dass wir uns erst ca. 1,5 Meter steil herunter und dann ein kleines Stück durch den Wald kämpfen mussten um wieder auf etwas „Wegähnliches“ zu stoßen. Nach fast 12 Std. erreichten wir dann auch etwas müde das Ziel am Ohridsee. Kurz nach dem wir die Mopeds abgestellt hatten, schaute ich dann erstaunt in Silke‘s und Jan‘s Augen,  Freunde und „Fastnachbarn“ (4km) die mit ihren Motorrädern auf dem Balkan Urlaub machten, in der Nähe waren und mir dann halt einen Besuch abstatteten. (Ich habe halt noch echte Fans die mir 3000 km hinterherreisen!   ).


 

Tag 6                 Progradec – Konitsa  ~ 230 km

Mit nur rund 230km die kürzeste Strecke bisher, ich glaube allerdings nach den vergangenen Tagen waren fast alle trotzdem nicht besonders traurig darüber. Aber der Track forderte auch direkt von Anfang an. Das Gelände war wieder recht extrem, dicke Steine, steile, enge Kehren, Wasserdurchfahrten und wenn man dachte hier könnte man es laufen lassen, ließen versteckte Längsrillen den Adrenalinspiegel wieder in die Höhe schnellen. Kurz vor Ende des Tages musste dann ein breiter Bach (oder schmaler Fluss) durchquert werden. Je nachdem wo man gerade fuhr konnte da auch mal ein dicker, unsichtbarer Stein im Weg liegen was mehrere Teilnehmer absteigen ließ. Glücklicherweise führte es bei niemandem zum Wasserschlag, die Assistance musste allerdings trotzdem Teilnehmer zum Biwak bringen, weil die Mopeds nicht mehr wollten. Selbst wer nicht füsseln etc. musste, jeder hatte das Wasser in den Stiefeln! Die Grenzüberquerung nach GR verlief problemlos und nun waren es nur noch ein paar Asphaltkilometer bis zum Hotel in Konitsa.


    
Tag 7                Konitsa – Igoumenitsa  ~ 220 km

Mit nur 220 km schon wieder eine Sprintstrecke :-)  Am Morgen war es noch kühl als wir das erste Stück auf Asphalt durch die Berge fuhren. Das Mousse in meinem Vorderradreifen war nun vollends zerstört, auf den Geraden fühlte sich das Motorrad richtig breiig an und bei Serpentinen bergab kam es vor, dass ich trotz langsamer Fahrt einfach 30 bis 50 cm neben der geplanten Linie fuhr. Eigentlich hätte das Mousse schon längst gewechselt werden müssen, aber für das Leihmotorrad für 2 Tage 200 Euro zu investieren, sah ich als unverhältnismäßig an.                 Später zeigte sich dann, dass auch GR noch ein bisschen an Offroad zu bieten hat, die eine Schleife, fast ein Rundkurs, führte uns auf sehr ruppigem Weg auf einen Berg bis kurz vor ein Kloster um dann auf der anderen Seite wieder genauso steil abzufallen. Später dann ein schneller, recht ebener Weg der mit zahlreichen Wasserdurchfahrten gespickt war. Anschließend dann wieder Asphalt der uns bis zum Ausgangspunkt – den Hafen von Igoumenitsa- brachte.


Bemerkungen:

Die eingefügten Videos sind nicht von mir, sondern von einem guten niederländischen Fahrer der auch schon mehrmals an der Tuareg- und auch bereits erfolgreich an der Lybia Rallye teilgenommen hat. Er ist war meines Wissens nach der einzige Fahrer mit einer Großenduro (KTM 950 SuperEnduro) der mit seinem Motorrad die komplette Strecke es Illyria-Raids gefahren ist, ohne zwischendurch eine der sogenannten Escape-Routen nehmen zu müssen.

Insgesamt wäre bei dem Raid streckentechnisch weniger vielleicht mehr gewesen. Um unterwegs öfter mal Stops für schöne Fotos einlegen zu können war keine Zeit. Die Gesamtstrcke betrug laut meinem Navi 2283 km.
Durch das schlechte Wetter während und vor allen vor dem Raid sind wohl alle Teilnehmer mindestens 6 Tage mit nassen Füßen unterwegs gewesen. Von den Menschen her hat mir mal wieder Albaninen am besten gefallen -abgesehen von den Grenzern nahe Vermosh!
Aber sich auszutoben hat ja auch mal was :-)
Die Unterkünfte waren alle mindestens gut, zum Teil auch sehr gut.