Balkanallroadtour 2012 -- Teil 2

 

6.Tag - ~ 350km

 

Das Programm für heute ist Kilometerfressen. Bei Blagoevgrad/Logodazh fahren wir über die Grenze nach Mazedonien /Skopje. Es soll in Grenznähe zum Kosovo, nach Möglichkeit/Zeit auch schon in den Kosovo gehen. In Delchovo überqueren wir einen Fluß und fahren an der Südwestseite entlang, statt die Hauptstrasse auf der anderen Seite zu nutzen. Am Eingang der Strasse entdeckt Stolle zufällig einen kleinen Nagel in seinem Hinterradreifen, der glücklicherweise noch keinen Schaden angerichtet hat und mit dem Leatherman ohne weitere Ärgernisse herausgezogen werden kann. Entgegen der Beschreibung von einem einheimischen Motorradfan bleibt die Strasse keine breite Schotterstrasse die er auch mit seinem neuwertigen Ford Fiesta befahren könnte, sondern es wird ein staubiger Weg, bergauf -bergab, wechselnd aus Erde, Schotter und Haarnadelkurven, die oftmals mit tiefen Längs- oder Querfugen versehen sind. Wir brauchen für die rund 12 km eine gute Stunde, bevor wir wieder auf die Hauptstrasse nach Kozani kommen. Dort heißt es erst: „bloß keine Autobahn“. Der günstigste autobahnlose Weg soll über Kumanovo führen und wir machen uns auf in diese Richtung. Da hat aber jemand nur halb zugehört und als ich dann sage, dass wir durch ganz Skopje-Stadt müssen, ist die Autobahn dann doch die bessere Alternative. Dumm nur, dass wir vorher statt direkt nach Skopje-Stadt über die Autobahn zu fahren, erst den Landstrassenumweg nach Kumanovo gefahren sind. Das war mal eben ein Umweg von 50 km Landstrasse, vorher die Offroadeinlage – ideale Voraussetzungen für einen „Kilometerfresstag“. Wenigstens das Auffinden der kleinen vorletzten Strasse hinter Skopje-Stadt in den Kosovo gelingt viel leichter als erwartet. Alle sind schon mehr oder weniger etwas fertig, kein Wunder bei 42°C im Schatten (wir haben nur keinen Schatten), und wir freuen uns gespannt auf den baldigen Grenzübertritt in den Kosovo und das „Weiße Haus“. Leider hat Garmin wieder eine Gemeinheit eingebaut. Die eingezeichnete abknickende Strasse ist ein Weg der auch für die Trial-WM gereicht hätte. Seit etlichen Jahren völlig zugeschüttet (Bergrutsch), mittlerweile mit Bäumen bewachsen, ist da gar nichts mehr zu erkennen was an einen Weg erinnern könnte. Der Autofahrer den ich anhalte und nach dem Weg frage ist zufällig ein in Skopje lebender Schweizer der deutsch spricht und uns den Weg erklärt. Die 5-Garminkilomter der Ursprungsroute werden nun zu 30 km z.T. kleinen Bergserpentinen.

Das Grenzprozedere dauert etwa 45 Minuten, -beide Grenzen zusammen, inkl.

Versicherungskauf (15 Euro/Fahrzeug – ohne geht nicht).

Wir fahren noch einige Kilometer weiter, dann in Strpce ist Schluß. Nane ist absolut fertig, mag und kann keinen Meter mehr fahren. Außerdem sieht es in unserer Fahrtrichtung aus, als braue sich dort in den Bergen gerade ein Gewitter zusammen. Das Wunschziel, das „Weiße Haus“ erreichen wir so leider nicht, kommen dafür im „Rok“ unter. Die Zimmer hier sind milde ausgedrückt „nicht der Hit“, aber das Essen ist echt klasse! Der Wirt aus dem Rok spricht deutsch, hat Tourismus studiert und erklärt uns, dass der Fremdenverkehr im Kosovo ziemlich brach liegt. Viele Unstimmigkeiten mit den Serben. Gegenüber vom Rok steht ein ehemaliges, großes Prunkhotel mit Skilift usw.. Es gehört irgendwelchen Serben und wird nicht mehr betrieben, der Lift steht …..

 

Aber entgegen der Erzählungen von vielen Westeuropäern bin ich hier im Kosovo noch nicht mit Messern bedroht oder gar beschossen worden und habe auch noch keinen Menschenfresser gesehen. Naja, vielleicht morgen da fahren wir auch noch einen Tag im Kosovo.

Glück gehabt.

Nagel entdeckt

und entfernt bevor

er Schaden

anrichten konnte

7.Tag - ~ 240 km

 

Das Ziel für heute soll Plav in Montenegro sein und ich musste bei der Planung einen heiligen Eid leisten im Kosovo keinen Meter Offroad einzubauen – Minen etc.. Wir fahren weiter durch den sehr schönen „Sharr Mountains National Park“ nach Prizren. Die Strassen sind deutlich besser als in Skopje. In Prizren scheint eine Art Demo zu sein, sämtliche Parkplätze am Strassenrand sind mit LKWs zugeparkt und an einem sehe ich ein Schild auf dem irgendwas von „Serbi“ steht. Polizei ist hier und da auch vertreten und achtet eher positiv auf uns. Wir verfransen uns auch prompt in Prizren, finden allerdings- Dank Garmin- sofort wieder den richtigen Weg! Auf den rund 10 km durch das Stadtgebiet von Prizren habe ich ungefähr 3 Richtungsschilder gesehen, dass heißt an etwa jeder 20 Kreuzung steht ein Richtungsschild. Und es geht nicht unbedingt immer geradeaus. Wer da ohne Navi rein fährt hat bestimmt verloren. Die nächsten größeren Orte heißen Giakove, Decan, Peje. Die Strassen sind recht breit und gut und auf allen herrscht sehr viel Verkehr. Man meint die Wirtschaft im Kosovo müsste blühen ohne Ende. In Peje verfahren wir uns wieder und auf einer breiten Strasse übersehe ich das Vorfahrtachtenschild und fahre ohne zu gucken über die vorfahrtberechtigte kleine Strasse. Roger folgt mir genauso in 50 Meter Abstand und ihm dann Aische. Keiner achtet/sieht auf das Schild und plötzlich ein lautes Reifenquietschen. Das notbremsende Auto hat Aische um 2 Meter „verpasst“ – ups – noch mal „Schwein gehabt“ - tief durchatmen!! Einen schweren selbst verschuldeten Verkehrsunfall muss man hier ganz bestimmt nicht haben.

Wir wissen, dass die Strasse von Peje über den Cakorpass gesperrt ist, wollten anfangs aber wenigstens mal bis zur Sperrung fahren, lassen es aber auf Grund der Temperatur und des Verkehrs fallen und fahren direkt über die Grenze nach Montenegro in Richtung Rozaje und Berane nach Andrjevica wo wir nach einem Hotel fragen. Auf dem Hotelparkplatz empfiehlt uns ein deutsch

sprechender Mann noch bis Plav zu fahren, da sei es viel schöner. Gesagt getan und in Plav angekommen fahren wir zum Hotel Kula Damjanova. Man macht uns einen Sonderpreis und so hobbeln wir unsere Mopeds in dem noblen Westernstyle Hotel mit eigenem Steg und direkt am Plavsee gelegen an. Das Ambiente erinnert wirklich an einen Western Saloon, die Zimmer sind groß, haben alle Balkon und das Personal ist super freundlich. Spät abends nach dem Essen, ein paar Bieren und 2 Sliboviz bekommen wir vom noch einen 3. vom Haus, der uns dann völlig aus der Bahn wirft. :-)

8.Tag - ~ 220 km

 

Nane und ich machen uns schon vor dem Frühstück allein auf den Weg, um uns die im Internet als so schön beschriebene Strecke auf den Cakorpass zur Grenze zum Kosovo anzuschauen. Die Strecke ist sehr schön und komplett neu asphaltiert. Hier betätigen wir uns als illegale Einwanderer und setzen einen Fuß an der grünen Grenze in den Kosovo. Dann geht’s wieder zurück zum Westernhotel zu den anderen. Anschließend soll uns heute der Weg über die Grenze nach Albanien bringen, wir wollen einen Blick ins Vermoshtal werfen, ich möchte bei der Passabfahrt hinter Tamare einen kleinen Abstecher Richtung Vikc machen und bei Hani i Hotit wollen wir dann entscheiden wie es weiter geht – Montenegro ans Meer, Thethi oder Shkoder. Den von der Hauptstrasse hinter Plav abgehenden winzigen Schotterweg hätte man niemals für die Strasse in ein anderes Land gehalten, aber das Navi sagt dort lang und so bin ich dort lang gefahren, basta. Und Garmin hat recht! 150 Meter vor dem 1. Grenzhaus beginnt dann Asphalt und wieder werden wir nicht als ganze Gruppe, sondern in 2 Grüppchen über die Grenze gelassen.

Nachdem wir vollzählig in Albanien sind geht’s auf der neuen Strasse ins Abenteuerland und nach nur 250 Meter, hinter der nächsten Kurve beginnt schon das Abenteuer. Zack und der Asphalt ist weg. Der Weg wird schmaler und die ersten Schotterkurven kommen, dann die nächste Steigerung: Schotter auf Asphalt in einer Bergab-bergauf-Doppelserpentine. Hach Albanien – ich mag Albanien! :-) An der Gabelung (es gibt hier nur eine) fahren wir zuerst rechts - ins Vermoshtal. Hier ist eine neue Asphaltstrasse angelegt, der wir bis zum Ende folgen –etwa 5 km. Nach einer kurzen Pause fahre wir zurück zur Gabelung und dann auf unbefestigtem Weg in Richtung Hani i Hotit/Shkoder. Wir haben ganz schön zu kämpfen, so extrem kam mir das vor 4 Jahren gar nicht vor. Ups, denke ich nur, da hast du deinen Mitfahrern/innen aber gut was zugemutet. Aber ich lass mir nichts anmerken und meine Freunde wollen auch hart sein und lassen sich auch nichts anmerken – anfangs. Nach geschätzten 10 km habe ich dann hinten einen Plattfuß und da ich zum Fotografieren durchgewunken habe, ist nur noch Stolle hinter mir, der auch noch knipst. Als er dann auf meiner Höhe ist sage ich ihm Bescheid und er fährt dann den anderen hinterher um sie zu informieren. Bald kommen dann Roger und Stolle zurück um mir zu helfen. Die Mädels bleiben weiter unten und sagen: „wäre ja doof alles zweimal zu fahren und ….“ (*In Echt: Höhenangst, schwieriges Gelände, die sind fertig, denke ich. - Macht aber nix, ich hatte es auch leichter in Erinnerung und bin froh noch keine Klagen über die Strecke bekommen zu haben. - Aber bloß nur nix anmerken lassen! - *Anmerkung der Redaktion:-) ). Koffer und Hecktasche sind bereits abgebaut und Steckachse gelöst als die beiden Helfer eintreffen. Ein Koffer wird als Unterlage benutzt (kein Hauptständer vorhanden) und dann beginnt der Radausbau. Beim Ab- und Aufziehen des Reifens leidet die Felge ordentlich und mit meinen Montierhebeln will das alles nicht gelingen, erst mit den kurzen Hebeln von Stolle gelingt es uns, obwohl wir den Reifen auf die falsche Seite gezogen haben – zur Bremsscheibe. Das Ventil will auch erst nicht ins Loch und beim Radeinbau fallen die Bremsbeläge heraus, alles Mist !! Im Großen und Ganzen ein Schlauchwechsel bei dem wir uns nicht mit Lob bekleckern. Wir fahren zu den Mädels und weiter nach Tamare wo wir erst einmal draußen vor einem Cafe Cola trinken und die Trinkrucksäcke füllen. Direkt vor uns scheißt ein Schwein in eine Strassenpfütze und legt sich anschließend dort hinein um sich darin zu suhlen. Bei der Weiterfahrt nach Hani i Hotit sehe ich noch das Schild „Vikc“, hier wäre ich gern mal für ein paar km hineingefahren (die tollen Bilder von GoogleEarth im Kopf), aber die Zeit ist zu knapp bemessen und die Mitfahrer teilweise zu fertig um noch einen Abstecher in diese Richtung zu machen. Ich empfinde die Straße als wesentlich schwieriger als vor 4 Jahren, vielleicht auch wegen der Temperatur, denk an meine armen Mitfahrer, lass mir aber nichts anmerken, man weiß ja nie was noch kommt. Im Moment sind es um die 38°C. Unterwegs sehen wir eine Gruppe Tschechen bzw. nur deren ca. 8 Mopeds, sie scheinen irgendwo unten im Fluß zu baden. Auf der Strecke sind viele Baustellen und einige Male müssen wir anhalten und kurz warten. Aische ist recht kaputt, die Höhenangst hier bei den freien, ungesicherten Schotterabfahrten hat sie zermürbt.

Unten in Hani i Hotit angekommen entscheiden wir uns nach Shkoder zu fahren und dort 2 Tage zu bleiben. Die neue Strasse nach Shkoder verläuft nicht auf der alten Trasse der SH4, sondern geht etwas mehr ins Landesinnere, ist ca. 15 Meter breit und top asphaltiert. Z.Z ist die aktuelle zulässige

Höchstgeschwindigkeit zwischen 30 und 60 km/h und darf von polizeigrüßenden Deutschen auf dem Motorrad auch um mindestens 20 km/h überschritten werden, - ihnen wird nur freundlich nur zurück gegrüßt. Bei Albanern ist die Toleranz recht unterschiedlich. Manche werden mit 120 in der 30er Zone nicht beachtet, manche werden da mit 40 rausgewunken.

Seltsamerweise kommen wir völlig problemlos durch den Verkehr der Großstadt Shkoder, mit den Motorrädern über die alte Brücke (die jetzt nur noch für Fußgänger ist) über die Buna und ohne von den dort lebenden Zigeunern belästigt zu werden (war 2009 anders) zum Hotel Marku. Abends bittet Nane mich noch die Spanngummis vom Moped zu holen, um sie als Wäscheleine zu benutzen. Brav befolge ich die Anweisung und stolpere zum Dank auf der ersten Stufe der Treppe. Dabei schlage ich mit dem kleinen Finger der linken Hand erst gegen die Gebäudekante und knicke ihn dann seitlich nach hinten weg. Der Schmerz ist heftig und der Finger fast steif.

 

9.Tag - ~ 165 km

 

Heute wollen wir die Thethi-Runde fahren und zwar ohne Gepäck. Aische ist durch ihre Höhenangst noch zu fertig und entscheidet sich einen Auszeittag zu nehmen. Trotz meines steifen, schmerzhaften Fingers möchte ich es versuchen, die Strecke habe ich noch als so toll in Erinnerung. Nane und Roger sind hin- und hergerissen, entschließen sich dann aber mitzufahren. Erst führt uns die neue, breite Strasse zurück nach Koplik und von dort noch weiter über Asphalt nach Boge. Zum Kräftesammeln halten wir hier noch kurz, trinken eine Cola und Nane sagt, dass ihr nicht so gut sei und ihr Bauchgefühl sagt, sie solle umkehren und wieder über die Strasse zurückfahren. Man soll niemand zu seinem Glück zwingen denke ich mir, wir vereinbaren, dass sie sich meldet sobald sie angekommen ist oder es ein Problemchen gibt. Keine 50 Meter hinter unserem Trennungspunkt, nach der ersten Kurve, endet der Asphalt. Das erste Stück führt uns über einen Pass und hat richtig dicke Steine parat. Auch enge Kehren. Alles ganz klasse für meinen geschwollenen, gebrochenen, kapsel- oder sonst wie verletzten kleinen Finger der mittlerweile ordentliche Einblutungen zeigt. Ich kann die Kupplung nur sehr schwer dosieren und muss den kleinen Finger immer wie Hochwohlgeboren abspreizen. Im Sitzen kann ich nicht bei unruhigem Untergrund fahren da rappelt der Finger zu stark und im Stehen muss ich den Lenker von oben fest fassen, dann kann ich aber kaum kuppeln. Manchmal bin ich nur Passagier und denke nur die Richtung vor. Unterwegs treffen wir einen Ungarn mit Frau oder Tochter auf einem Quad. Wir unterhalten uns in Englisch eine Zeit lang über dies und das und im Gespräch erfahren wir später, dass er durch einen Unfall beim Bergsteigen vor 20 Jahren querschnittsgelähmt ist. In Thethi treffen wir ihn nochmals bei einer Pause und als Stolle das Bergwasser als Getränk ablehnt, sagt er, das Wasser hier könne man bedenkenlos trinken, er hätte schon Wasser aus dem Niger, aus dem Kongo und Amazonas getrunken und das sei alles nicht schlimm!

Die Kids hier, zwischen ca. 8 und 14 Jahre alt, die die Touristen sofort in Empfang nehmen, Quartier und Getränke feilbieten sprechen fast perfekt englisch. Auf die Frage woher sie das so gut können, sagt einer von ihnen, dass sie seit 2 Jahren dort ein Englischlehrer haben und dies ganz groß im Lehrplan stehe. Sie beherrschen nicht nur Smalltalk und Gastronomie, sie können auch die Wege, deren Zustand und Schwierigkeiten beschreiben.

Entfernungstechnisch haben wir hier ungefähr Halbzeit was den Weg nach Shkoder angeht und so entscheiden wir uns dafür neues zu sehen und weiter nach Shkoder, nicht erst zurück nach Boge zu fahren. Bei einer wirklich kleinen Bachdurchfahrt verschlägt es Roger das Vorderrad und er kommt zu Sturz. Für Fußgänger ist an der Stelle eine 40 cm breite Betonbrücke, sie hält Rogers BMW davon ab mit dem Wasserfall darunter 30 Meter abzustürzen und Roger hält sich wiederum an der BMW fest um nicht abzustürzen. Ups! Die Fahrt ist rein subjektiv wieder viel härter als ich sie von vor 4 Jahren in Erinnerung habe. Wahrscheinlich wieder die Temperatur von ca. 40°C. Es geht ständig über Geröll auf und ab und Roger wird langsam müde. Da er keine Lust hatte die Koffer zu demontieren, bleibt er irgendwann dann auch damit an einem Fels hängen und stürzt über den Lenker. 200 Meter weiter ist ein Campingplatz (da hat tatsächlich jemand ein Schild an eine Wiese gestellt „Campingplatz“ verkauft dort kaltes Bier, alle anderen Getränke lagen ungekühlt neben der Kühltruhe, neben der 50 Meter weiter ein Stromaggregat läuft), zu dem wir dann noch fahren und eine Reparaturpause einlegen. Dort wird dann der kaputte Spiegel von links demontiert und der von links auf die rechte Seite geschraubt, der Handschutz wird gerichtet und der Koffer ausgebeult. Dies klappt sogar erstaunlich gut, der Koffer liegt wieder gut an und der Deckel passt fast spannungsfrei. Und mein Finger hat trotz dem Rumgezerre keinen weiteren Schaden genommen. Nachdem wir noch zusammen 1,5 Liter warme Cola getrunken haben fahren wir dann auch weiter. Die letzten Kilometer im fast flachen Gelände sind ganz frisch neu geteert (schon kalt) und man kann albanische Baukunst und dusseliges Anstellen der Bauarbeiter bestaunen.

Die Bauarbeiter wollen mit der Teermaschine und ihren Autos raus, haben sich aber selbst so zugeparkt, dass nichts mehr geht. Nach mehrmaligem Hupen meinerseits, entschließen sich dann die Bauarbeiter für uns eine Gasse zu bilden. Stolle und ich kommen relativ gut durch, Roger eckt zwischen Strassenrandmauer und Teermaschine mehrmals wie ein Flipperball mit den Koffern an, kommt aber letztendlich doch durch. In Shkoder angekommen gibt es reichlich Mecker von unseren Damen, weil sie nichts von uns gehört haben, die Handys ausgeschaltet sind und wir doch einige Stunden später zurück sind als gedacht.

 

10.Tag - ~ 230 km

Heute fahren wir von Shkoder über eine 150 km lange schöne Landstrasse erst nach Kuckes, pausieren und setzen uns dort in ein großes, vermeintliches Restaurant. Leider gibt es dort aber nichts zu Essen, lediglich Getränke. Kurz darauf kommt der etwas englisch sprechende Chef, sagt dass in der Nähe ein Imbiss sei, fragt was wir möchten und schickt einen seiner Angestellten der uns die Salate und Sandwichs dann bringt. Wir wollen noch nach Peshkopi und da mal wieder alles viel anstrengender war (weiterhin um die 40°C) und länger gedauert hat als geplant, fragen wir nach der neuen asphaltierten Strasse von der ich beim ausklamüsern der Tour gelesen habe, statt die wie vorgesehene rund 80 km lange Offroadstrecke zu nehmen. Er erklärt uns den Weg und wir kommen auf eine neue Strasse mit abenteuerlichen Gefällen, Steigungen, ungesicherten Kuven – echtes Achterbahnfeeling. Roger der Alpenkenner sagt: „wenn die Strecke in den Dolomiten läge, wäre das garantiert die meistbefahrene Motorradstrasse in den Alpen“. In Peshkopi finden wir das Hotel Brooklin, aber es ist unbesetzt. Ein Wachmann davor zückt sein Handy, spricht etwas in albanisch rein und drückt Aische das Handy ins Ohr. Eine englisch sprechende Stimme sagt, es kommt gleich jemand vorbei und wir möchten doch warten. 5 Minuten später kommt jemand, schließt das Hotel auf und wir bekommen 3 Doppelzimmer mit Bad und Klimaanlage und einen Garagenhof für die Motorräder für insgesamt 30 Euro.

11.Tag - ~ 220 km

 

Von Peshkopi geht es anfangs direkt an der Grenze zu Skopie auf einer anstrengenden Schotterstrasse (ca.70 km) nach Librazhd und dann auf der Hauptstrasse über Elbansan und Lushnje nach Berat. Die vorgesehene Offradstrecke dazwischen fällt leider wieder den immer noch herrschenden ~ 40°C zum Opfer. In Berat übernachten wir im Hotel Palme. Wir müssen zuvor zwar noch etwas über den Preis verhandeln, was gut 20 Minuten dauert und erst der Chef über Telefon seine Zusage geben muss, aber wir werden uns einig - die Mädels verhandeln hart! Das Hotel hat eine nette Dachterrasse, von der man sowohl tagsüber als auch abends auf die dann schön beleuchtete Stadt schauen kann.

Abends auf der Brücke komme ich noch mit einem Albaner ins Gespräch. Er fragt, woher ich komme und wie mir Albanien gefällt. Ich sage, ein schönes Land, tolle Landschaften. Er sagt, ja ein schönes Land, aber nur äußerlich und schimpft dann über den Kaptitalismus. Früher waren alle zufrieden , sagt er. Es hätte kaum Verbrechen, keine Korruption und keine Prostitution gegeben. Eine albanische Redensart lautet: Mein Haus gehört Gott und meinen Freunden – heute sei das alles nichts mehr Wert. Die Korruption ist so groß, dass keiner mehr dem anderen traut. Er zeigt auf seinen Freund der neben ihm steht und sagt, er sei bis vor kurzen albanischer Meister im Gewichtheben gewesen, durch die Grenzöffnung ist er nun ein Niemand und müsse von 90 Dollar im Monat an „Stütze“ leben. Eine Arbeit ist so gut wie nicht zu bekommen, und wer einen bekommt müsse erst dafür mit Barem in Vorleistung gehen. Er fragt, warum die Griechen in der EU sein dürfen und Albanien nicht...... Er kommt mir eigentlich recht sympathisch rüber und ich komme später über seine Worte auch so ins Grübeln.

12.Tag - ~ 140 km

 

Beim Tanken vor der Weiterfahrt treffen wir auf einen Tankwart, der die Weisheit nicht unbedingt mit großen Löffeln gefressen hat. Wir tanken normalerweise immer alle zusammen aus einer Säule und bezahlen dies aus einer Gemeinschaftskasse. Nach dem 1.Motorrad hängt der Tankwart jedoch ein. Wir sagen ihm, dass die anderen auch tanken und wir alles zusammen bezahlen. Er betankt dann weiter und als Stolle dann noch mit einem Liter Öl kommt, welches er aus dem Regal genommen hat, ist er völlig überfordert. Die alte Zapfsäule zeigt noch in Euro an, er muss nun 2 Tanksummen addieren, umrechnen und dann noch das Öl hinzufügen – das ist zu viel. Er muss erst noch mal einen Albaner mit seinem Auto zwischendurch abfertigen, um sich einen Plan zurecht zu legen, wie er denn nun mit uns verfährt! Aber irgendwann regelt sich auch das.

Ca. 11 km nach dem wir Berat auf der Schotterstrasse nach Kelcyre verlassen haben fehlen Aische und Stolle. Dann geht das Handy, Aische ist ziemlich aufgeregt – Stolle hat wieder einen Nagel gefunden und der ist diesmal durch – Hinterradplatten. Roger und ich fahren zurück. Diesmal klappt das Schlauchwechseln deutlich besser, aber das Ventil im neuen Schlauch hält die Luft nicht. Bis wir den Fehler finden haben wir bereits 1 mal mit Druckpatrone und 2 mal mit der ultrakleinen Handpumpe aufgepumpt. Nachdem wir den Fehler gefunden haben kommt der Retter in der Not – ein einheimischer Mofafahrer mit einer Fußpumpe am Gepäckträger fährt vorbei. Wir winken und 5 Sekunden nach dem er steht wickelt er schon den Spanngummi von der Pumpe. Ich bedanke mich nach dem wir fertig sind mündlich bei ihm, aber das Geld was ich ihm zustecken möchte will er nicht. Als ich es ihm ein 2. mal hinhalte, droht er an es wegzuwerfen.

Wir halten nach ca. 30 km erneut zu einer Pause und Stolle geht es gar nicht gut, er hat eine Art Sonnenstich. Die Bastelei in der direkten Sonne und das bei 40°C im Schatten, den wir wieder nicht hatten, ist ihm nicht bekommen. Aber von hier geht es nur über die anstrengende Offroadpiste weiter. Kurz vor Kelcyre, nach weiteren 30 Offroadkilometern hört die Piste auf, wir machen noch eine Pause und fahren nur noch die 50 km bis Girokaster über die Hauptsrasse. Stolle friert bei annähernd 40°C.